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Neunte Ausgabe. 07. Mai 2024

Liebe Kleist-Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder,

dieser Abendletter erreicht Sie zum protestgeschüttelten Semesterende in New York, wo ich seit Januar versuche, Kleist-Spuren für Sie zu sammeln. Kein leichtes Unterfangen, doch zwei Mal bin ich fündig geworden, einmal in einer Ankündigung des St. Ann’s Warehouse in Brooklyn zu einer Inszenierung von Michael K. nach J. M. Coetzee, die dort bis Ende Dezember lief, sodann auf der beeindruckend langen Leseliste, die die Graduate Students am German Department der Columbia University bewältigen. Dort findet sich Kleist mit drei Erzählungen. Das ist die Ausbeute von mehr als drei Monaten.

Doch hätte ich, sagen wir, nach Schiller oder Goethe gesucht, wäre (vom Goethe-Institut einmal abgesehen) die Bilanz eher schlechter ausgefallen, denn es wäre wohl nur die Leseliste übrig. Ein guter, alter Bekannter, der mir dagegen buchstäblich auf Schritt und Tritt begegnet, ist Shakespeare. Falls noch jemand eine sommerliche New York-Reise plant: Ab 28. Mai gibt es in diesem Jahr Shakespeare in the Park – verschiedene Inszenierungen umsonst und draußen im Central Park.

Zugegeben hat es mich doch erstaunt, wie wenig die deutschsprachige Literatur jenseits der Universitäten hier wahrgenommen wird. Seit Januar lese ich beinah täglich die New York Times und es gab dort nicht eine Besprechung eines deutschsprachigen Titels (in Übersetzung versteht sich). Kürzlich gab es immerhin einen Beitrag zu Jenny Erpenbeck, die es mit der Übersetzung von Kairos auf die Shortlist des International Booker Prize geschafft hat. Selbst das Kafka-Jahr ist hier merkwürdigerweise noch nicht angekommen.

Aber vielleicht berichtet die New York Times ja über unsere wunderbare, nächste Kleistpreisträger:in? Wir gratulieren Sasha Marianna Salzmann zum Kleistpreis 2024 und danken unserer Vertrauensfrau Samira El Ouassil für ihre Entscheidung!

Die Verleihung wird am 17. November 2024 im Deutschen Theater in Berlin stattfinden. Auch der nächste Abendletter kommt wieder aus Berlin. Bitte denken Sie daran, Mitteilungen oder Aktivitäten anzukündigen. Auch Texte zu unseren Rubriken sind mehr als willkommen! Einsendeschluss ist der 30. Juni.

Herzliche Grüße aus New York City
Ihre
Anne Fleig

Kleist-Preis 2024

Den Kleist-Preis 2024 erhält Sasha Marianna Salzmann. Die Verleihung wird am 17. November während einer Matinée im Deutschen Theater erfolgen. Gemäß der Tradition des Kleist-Preises hat die Autorin Samira El Ouassil die Preisträger:in in alleiniger Verantwortung bestimmt. Ihre Entscheidung begründet sie wie folgt:

Sasha Salzmann zeichnet sich durch ihr eindrucksvolles Talent aus, unsere Gegenwart künstlerisch zu erschließen und dabei zugleich das zu verhandeln, was unverfügbar bleibt. Ihr Schreiben ist das einer Gleichzeitigkeit – mehrschichtige, komplexe, oszillierende Gesellschaftsfelder, bei denen sich eine Eindeutigkeit verbietet, schreibt sie sich und uns in Kopf und Herz hinein, und hilft den Lesenden die unaushaltbaren Ambivalenzen ertragen zu lernen.
Sie benutzt ihr Schreiben nicht nur als ornamentales Mittel der Abbildung, sondern als Werkzeug zur Durchdringung der Wirklichkeit und das alles mit solch einer Schönheit und Erdung, dass man sich in die Texte schlicht verliebt. Das macht sie zur idealen Kleistpreisträgerin!

Erfreulicherweise wird mit Sasha Marianna Salzmann nach längerer Zeit wieder eine Dramatiker:in mit dem Kleist-Preis geehrt; Salzmann ist zudem als Romanautor:in und Essayist:in eine starke Stimme in der Literatur der Gegenwart. Gerade erschien Gleichzeit (2024), Zeugnis einer freundschaftlichen Korrespondenz zwischen der Autor:in und Ofer Waldman, zwischen Europa und Israel nach dem 7. Oktober 2023.

Mehr Informationen finden Sie hier. ­

Ankündigungen und Termine

Vielleicht haben einige von Ihnen schon die neue Sonderausstellung zu Ulrike von Kleist im Kleist-Museum gesehen?

Here you go!

Sonderausstellung Ulrike von Kleist – in Allem originell?

(bis 21. Juli 2024)

Sie war mehr als die Schwester des heute berühmten Bruders. Ulrike von Kleist (1774–1849) war ungebunden, wohlhabend und Bürgerin der Stadt Frankfurt an der Oder. Das Kleist-Museum in Frankfurt (Oder) widmet dieser für ihre Zeit ungewöhnlichen Persönlichkeit zum 250. Geburtstag die weltweit erste Ausstellung.

Lehrkräftefortbildung zu Der zerbrochne Krug

Da ich keine weiteren Mitteilungen von Mitgliedern erhalten habe, gebe ich hier noch eine Information zu den Oßmannstedter Studientagen weiter, die vom 27. bis 29. September 2024 in Zusammenarbeit mit der Klassik-Stiftung Weimar eine Fortbildung für Lehrkräfte zu Der zerbrochne Krug anbieten. Selbstverständlich steht diese Veranstaltung auch anderen Interessierten offen.

Preis für den besten studentischen Kleist-Aufsatz 2024

Die Heinrich von Kleist-Gesellschaft lobt erneut einen Preis für den besten studentischen Kleist-Aufsatz aus. Eingereicht werden können literaturwissenschaftliche Beiträge über Heinrich von Kleists Texte. Weitere Einschränkungen in Bezug auf Thema, Text- und Kontextauswahl oder Methodik bestehen nicht. Einzige Bedingung: Die Verfasser:innen sind Studierende (oder Doktorandinnen und Doktoranden in der Anfangsphase ihrer Promotion). Die Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft möchte mit dieser Ausschreibung dezidiert Studierende zum selbständigen Forschen und zur Beschäftigung mit Heinrich von Kleist ermuntern sowie den literaturwissenschaftlichen Nachwuchs fördern. Der Preis für den besten studentischen Kleist-Aufsatz wird einmal jährlich vergeben und ist mit 150 € Preisgeld dotiert. Zusätzlich erhält der/die Preisträger:in eine kostenlose Mitgliedschaft in der Kleist-Gesellschaft für ein Jahr. Die Verleihung der Urkunde findet im Rahmen der nächsten Jahrestagung 2025 statt.

Die Teilnahme erfolgt durch Selbstbewerbung der Studierenden. Bitte reichen Sie uns den Kleist-Aufsatz (max. 20 Text-Seiten, 12 pt Schriftgröße, Zeilenabstand 1,5) und kurze biographische Informationen ein. Hinweis: Der Aufsatz sollte in Form eines eigenständigen, konzentrierten und in sich abgeschlossenen Beitrags vorliegen. Eine Hausarbeit, BA-Arbeit oder MA-Arbeit kann zwar als Grundlage für den eingereichten Text dienen, müsste aber entsprechend überarbeitet werden.

Bewerbungsschluss ist der 15. August 2024. Bewerbungen werden per Mail erbeten an:
Prof. Dr. Anne Fleig anne.fleig@fu-berlin.de und Prof. Dr. Andrea Bartl andrea.bartl@uni-bamberg.de

Erlesenes

Von unserem letzten Kleistpreisträger Thomas Kunst ist im März der schon angekündigte Gedichtband bei Suhrkamp erschienen, aus dem er für uns im November im Literaturhaus gelesen hat. Erlesen ist auch vorlesen.

Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft
c/o Prof. Dr. Anne Fleig
Freie Universität Berlin
Institut für deutsche und niederländische Philologie
Habelschwerdter Allee 45
14195 Berlin
E-Mail anne.fleig@fu-berlin.de