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Siebte Ausgabe. 8. Oktober 2023

Liebe Kleist-Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder,

der Kleist-Herbst steht vor der Tür, übermorgen ist die Eröffnung der Kleist-Festtage in Frankfurt/Oder und die Vernissage der neuen Sonderausstellung zu den ›Berliner Abendblättern‹ im Museum! Ende November folgen dann unsere nächste Jahrestagung zu ›Kleists Berlin‹, die Mitgliederversammlung und die Verleihung des Kleist-Preises an Thomas Kunst. Ich freue mich ganz besonders, dass Thomas Kunst am 25. November 2023 im Berliner Literaturhaus in der Fasanenstraße exklusiv für uns lesen wird.

Bitte melden Sie sich für alle Veranstaltungen bis zum 1. November an. Bitte denken Sie auch daran, sehr bald ein Zimmer zu reservieren, wenn Sie zu unserer Tagung oder der Preisverleihung anreisen – die Preise für Berliner Hotelzimmer sind leider stark gestiegen und inzwischen kommt es immer wieder vor, dass kurzfristig gar keine Zimmer mehr verfügbar sind.

Das neue Kleist-Jahrbuch ist letzte Woche online erschienen, die Auslieferung der gedruckten Exemplare ist im Gange. Die Reihe unserer internationalen online-Vorträge wird vermutlich ab Dezember fortgesetzt.

Von der Kür der 100-Euro-Goldmünze zu Kleists ›Der zerbrochne Krug‹, die 2024 auf den Markt kommt, werde ich kurz auf der Mitgliederversammlung berichten. Gerne informiere ich Sie dann auch über die Möglichkeit, eine der Münzen zu bestellen.

Und last but not least: Vielleicht haben Sie schon gehört, dass ›Der zerbrochne Krug‹ ab 2025 in Berlin und Brandenburg Abiturthema wird? Das ist mehr als Gold wert!

In Vorfreude auf die kommenden Kleist-Aktivitäten und ein Wiedersehen grüße ich Sie herzlich

Ihre
Anne Fleig

Ankündigungen und Termine

Studientag im Kleist-Museum Frankfurt/Oder

1.11.2023

Der Studientag in Kooperation von Museum und Gesellschaft richtet sich an fortgeschrittene Studierende, Doktorandinnen und Doktoranden sowie alle Interessierten und dient der vertieften Auseinandersetzung mit den Themenbereichen der aktuellen Sonderausstellung zu den Berliner Abendblättern. Anmeldung bitte bei Viviane Meierdreeß: meierdreess@kleist-museum.de

Kranzniederlegung

21.11.2023

Der diesjährige gemeinsame Gang zum Kleistgrab ist für 14 h vorgesehen, im Anschluss soll es wieder ein Kaffeetrinken geben. Nähere Informationen (auch zur genauen Uhrzeit) erteilt gerne Gabriele Gelinek: g.gelinek@web.de

Jahrestagung der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft

Kleists Berlin – Von der Stadtöffentlichkeit zur nationalen Öffentlichkeit

Datum: 23.-25.11.2023
Ort: Freie Universität Berlin Raum L 115 im Seminarzentrum, Eingang Otto-von-Simson-Straße 26

Tagungsprogramm
23.11.2023

  • Ab 18 h Anreise
  • 18.30 h Eröffnung der Tagung: Spaziergänge durch Kleists Berlin – Stadtöffentlichkeit und nationale Öffentlichkeit (Viviane Meierdreeß, Milena Rolka, Anne Fleig und Christian Moser im Gespräch)
  • Gemeinsames Abendessen in Berlin-Dahlem

24.11.2023

  • 9.30 h Hannah Lotte Lund (Berlin): Vernetzungen. Heinrich von Kleist zwischen ›jüdischem‹ Salon und ›deutscher Tischgesellschaft‹
  • 10.15 h Katherine Hambridge (Durham): Kleist und die Musikbühne
  • 11 – 11.30 h Kaffeepause
  • 11.30 h Alexander Košenina (Hannover): Schrecken der Tonkunst. Lähmende Schauder in Kleists ›Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik‹
  • 12.15 Seán Allan (St. Andrews): »Adieu, den Smith brauche ich selber«. Öffentlichkeit, Selbstinteresse und der ›homo economicus‹ bei Heinrich von Kleist und Adam Smith
  • 13 – 14 h Mittagspause
  • 14.00 h Nancy Nobile (Delaware): »Im Zelt«. Verhüllung, Öffentlichkeit und Apokalypse in ›Robert Guiskard‹ und ›Das Erdbeben in Chili‹
  • 14.45 h Anna Axtner-Borsutzky (München): Kleists Gärten. Raumsemantik im ›Prinz Friedrich von Homburg‹
  • 15.30 – 16 h Kaffeepause
  • 16.00 h Elke Dubbels (Bonn): Die »elektrische Kraft der Zeitungen«. Kleists ›Berliner Abendblätter‹ vor dem Hintergrund der Zeitungstheorie um 1800
  • 16.45 h Astrid Dröse (Tübingen): Berliner Journalpoetiken. Kleists ›Berliner Abendblätter‹ im Spektrum der Hauptstadtpresse um 1800 Abendessen
  • 19.30 h Kleist-Salon ›Hamburgs Kleist‹ (Ankündigung unter ›Mitteilungen der Mitglieder‹)

25.11.2023

  • 9.30 h Günter Dunz-Wolff (Hamburg): Techniken verdeckten Schreibens in Kleists ›Berliner Abendblättern‹ und die preußische Zensur

  • 10.15 h Johannes Lehmann (Bonn): Lokale, nationale und internationale Öffentlichkeit. Zur ›Verlobung in St. Domingo‹ und den ›Berliner Abendblättern‹

  • 11 – 11.30 h Kaffeepause

  • 11.30 h Arndt Niebisch (Wien): Brandstifter. Kleists soziale Medien

  • Bis ca. 13 h Abschlussdiskussion und Ende der Tagung

  • 14.00 h Mitgliederversammlung der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft

  • 18.00 h Lesung des Kleistpreisträgers Thomas Kunst für die Tagungsgäste und Mitglieder der Kleist-Gesellschaft – Ort: Kaminzimmer im Berliner Literaturhaus, Fasanenstraße 23 (Einlass ab 17.30 h) Beisammensein mit ›Häppchen‹ im Literaturhaus

Anmeldung bitte bis zum 1. November 2023 bei Mara Ruwe:
mcruwe@zedat.fu-berlin.de

Bitte teilen Sie uns dann auch mit, ob Sie am Donnerstagabend (auf eigene Kosten) mit zum Abendessen kommen wollen und wir einen Platz für Sie reservieren dürfen; teilen Sie uns bitte ebenso mit, ob Sie im Anschluss an die Lesung von Thomas Kunst zum Abendbrot im Literaturhaus bleiben wollen. Mit der Anmeldebestätigung erhalten Sie eine Wegbeschreibung zu den Tagungsräumen an der FU.

Verleihung des Kleist-Preises 2023 an Thomas Kunst

© Franziska Reck/Suhrkamp Verlag

26.11.2023, 11 h Deutsches Theater Berlin: Matinee zur Verleihung des Kleist-Preises an Thomas Kunst
Anmeldung bitte bis zum 10. November 2023 bei Mara Ruwe: mcruwe@zedat.fu-berlin.de

Mitteilungen der Mitglieder

Kleist-Salon 2023

© imago stock & people

Dem Hörensagen nach soll es im diesjährigen Kleistsalon auf der Tagung ›Kleists Berlin‹ ausgemachterweise um ›Hamburgs Kleist‹ gehen. Die Hamburger Kleistgruppe hat nach Kleist-Spuren im hanseatischen (Elb-)Sand gegraben und kann dem geschätzten Tagungspublikum nun folgendes präsentieren:

  • Konkurrenz zu Rahel? Romantische Salons in Hamburg
  • Hat der Hamburger Theaterdirektor und Autor Friedrich Ludwig Schmidt mit seiner bühnentauglichen Fassung Kleists ›Krug‹ verhunzt oder ihm den Bühnenweg bereitet?
  • Wie der Kleist-Preis in Hamburg erfunden und in Berlin gestiftet wurde
  • Hat Kleist etwa doch für die Hamburger ›Gemeinnützigen Unterhaltungsblätter‹ geschrieben?

Vielleicht erklingt im Hintergrund noch Musik, in Kleists Manier und auf seiner in Hamburg wiedergefundenen Klarinette gespielt, eine Reihung bemerkenswerter Zufälle sozusagen. Vielleicht ist es auch nur ein Gerücht, was der Musik aber letztlich keinen Abbruch tut.

Freuen Sie sich auf einen Hamburger Salon mit den Mitgliedern der Hamburger Kleistgruppe: Gabriele Gelinek, Burkhard Wolter, Jochen Stüsser-Simpson, Günter Dunz-Wolff

Preis für den besten studentischen Kleist-Aufsatz

Unser diesjähriger Aufsatzpreis geht an Julian Sieler aus Tübingen, der uns mit seinem ebenso anregenden wie originellen Beitrag ›Die Hölle auf Erden. Heinrich von Kleists ›Das Erdbeben in Chili‹ als danteske Jenseitsreise gelesen‹ überzeugt hat. Ausgehend von einem Semikolon liest er die Flucht des Liebespaares aus der zerstörten Stadt als Reise durch die Unterwelt. Sprachlich souverän und gleichzeitig klar argumentierend arbeitet Julian Sieler dabei erhellende Bezüge zu Dante heraus, die die Erzählung in ein neues Licht zu rücken vermögen.

Kleist-Jahrbuch

Wir wünschen uns nach wie vor mehr Rezensionen im Kleist-Jahrbuch und möchten noch einmal betonen, dass wir uns über die Mitwirkung aller Mitglieder freuen. Wer daran Interesse hat, möge sich an Christian Moser oder Adrian Robanus wenden (c.moser@uni-bonn.de; robanus@kleist-museum.de).

(Erlesenes) Fundstück

Am 9. März 1904 erschienen in der ›National-Zeitung‹ und in der ›Volks-Zeitung‹ zwei fast gleichlautende Artikel mit den einleitenden Sätzen: »Das Dichtergrab am Wannsee, die Ruhestätte Heinrich von Kleists und seiner Freundin Henriette Vogel, wird nicht lange mehr den kleinen Waldhügel zieren, dessen Erde die sterblichen Reste der beiden Unglücklichen seit bald hundert Jahren birgt. Das Terrain wird parzelliert und auch für den Bau des Friedrich Leopold-Kanals gebraucht, sodaß eine Exhumierung der Leiche des Dichters in kurzem notwendig werden wird.«

Empörung und Proteste entwickelten sich schnell in vielfältigen Texten, die in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften gedruckt wurden. In der ›Belletristischen Beilage zum sächsischen Erzähler‹ Nr. 13 vom 26. März 1904 erschien das auf den 18. März datierte Gedicht von Gottfried Doehler:

Für das Grab Heinrich’s von Kleist.

Es ist ein Baum entsprossen
Aus einem stillen Grab,
Er schlug die Wurzelschossen
In heilgen Staub hinab.

Ein Herz voll stolzer Gluten
Brach dort die Erdennot,
Die Havelwellen fluten
Ein Lied von bittrem Tod.

Aus einem deutschen Herzen
Ein Eichbaum wuchs empor,
Drin harft von Schmach und Schmerzen
Der Wind in höhrem Chor.

Im Leben nichts, im Tode
Gab ihm das Vaterland,
Dem heiß sein Lieben lohte,
Ein Grab am Waldesrand.

Hier unter märkschen Föhren
Fand Ruh ein hoher Geist!
Wer wagt’s, das Grab zu stören
Des Dichterfürsten Kleist?

Wer will die Wurzeln reißen
Aus heiligem Gebein,
Mit mitleidslosen Eisen
Dies Heiligthum entweihn?

Währt Dankbarkeit nicht länger?
O Kleist, wie reich gabst du!
Gönnt Preußen seinem Sänger
Nicht mal die Grabesruh?

Die Herzen auf, die Hände!
Kauft los das Dichtergrab!
Des deutschen Volkes Spende
Dank‘ ihm, was er uns gab!

Die vielfachen Proteste hatten Erfolg. Am 21. März meldete die ›National-Zeitung‹: »Kleists Grab gerettet! Mit großer Freude und unverholener Genugtuung werden alle Kreise des Volkes die Nachricht empfangen, daß der Grabhügel Kleists unangetastet bleibt! Aus dem Hofstaat des Prinzen Friedrich Leopold ist uns gestern abend die folgende Mitteilung gemacht worden: ›Der Prinz Friedrich Leopold von Preußen wird die Grabstätte Heinrich von Kleists am kleinen Wannsee der deutschen Nation zum Geschenk machen.‹«

Gottfried Doehler hat sein Gedicht auch in den 1913 erschienen Band ›Lyrische Ernte‹ übernommen. In dem von Georg Minde-Pouet 1927 herausgegebenen Band ›Gedichte auf Heinrich von Kleist‹ ist Doehlers Gedicht nicht enthalten. In der ab 1914 beginnenden Kleist-Bibliographie konnte Doehlers 1913 publizierter Gedichtband nicht berücksichtigt werden, deshalb findet man den Schriftsteller Gottfried Doehler zurzeit in keiner gedruckten Kleist-Publikation.

Burkhard Wolter